Ich wurde angesprochen, aus der Sicht einer Kulturdezernentin die aktuelle Situation für den Bereich Kultur darzustellen. Ich kann dabei nur meine Eindrücke aus Niedersachsen sowie partiell aus Sachsen-Anhalt darstellen. Mit diesem benachbarten Bundesland stehen wir in engem Kontakt und Austausch.

Niedersachsen hat 14 definierte Kultursparten:

01. Professionelles, freies Theater
02. Theater- und Tanzpädagogik
03. Amateurtheater
04. Museumsarbeit der nichtstaatlichen Museen
05. Musik
06. Literatur
07. Niederdeutsche Sprache
08. Innovative Heimatpflege
09. Soziokultur
10. Bildende Kunst
11. Neue Medien
12. Kunstschulen
13. Außerschulische kulturelle Jugendbildung
14. Spartenübergreifende und hybride Projekte

Fast alle Kultursparten sind durch Fachverbände vertreten, welche die Interessen ihrer Mitglieder vor allem in den Ministerien nach vorne bringen wollen.

Weiterhin gibt es in Niedersachsen 14 Landschaftsverbände und Landschaften. Alle Fördergelder bis 10.000 Euro werden über diese in ihrer jeweiligen Region vergeben. Diese Gelder betreffen die 14 Kultursparten. Fördergelder über 10.000 Euro müssen direkt beim Niesersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) oder der Stiftung Niedersachsen beantragt werden.
Alle Kontakte dazu findet man unter: http://www.allvin.de/

Weiterhin gibt es eine Website mit allen Stiftungen bundesweit. Das Problem bei diesen ist die aktuelle Zinslage, sodass sie weniger Gelder ausschütten können. Dennoch haben auch diese Corona-Sonderprogramme aufgelegt. Bsp. die VGH-Stiftung in Hannover.

Ausgelöst durch die Corona-Pandemie im März 2020, hatten der Bund als auch die Länder sehr schnell sogenannte Soforthilfeprogramme für den Kulturbereich aufgelegt. Die Umsetzung und Auszahlung dieser Gelder sind in den jeweiligen Bundesländern sehr unterschiedlich verlaufen.

Weiterhin wurden von den Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen relativ schnell neue Konzepte entwickelt, von denen ich ein paar aus meinem Alltag benennen will. Das Stichwort dafür ist und bleibt die „agile Projektplanung“. Sie wird den Kulturbetrieb künftig viel mehr bestimmen als je zuvor. Soweit meine Einschätzung.

Beispiele von kreativen Ideen:
– Viele Musiker*innen traten bereits im Frühsommer 2020 in den Fußgängerzonen auf. Sie wurden von den Kommunen engagiert, um die verwaisten Flaniermeilen für die Menschen wieder attraktiv zu machen.
– Ein aus dem Fernsehen bekannter Comedian hatte ein Programm für Altersheime entwickelt und trat dort coronakonform auf. Dafür erhielt er Fördermittel.
– Auf YouTube stellten Mitglieder des BBK (Bundesverbandes Bildender Künstler) in der Sparte Bildende Kunst sogenannte Künstlergespräche oder eröffneten ihre Ateliers digital. Dafür erhielten sie Gelder aus einem Digitalisierungsprogramm.
– Weiterhin finden sich auf Facebook und YouTube vermehrt Erklärvideos zu ihren Sparten.
– Ein Kulturverein auf einer ostfriesischen Insel hat das Projekt „Erzähl doch mal“ mit Fördergelder auch online gestellt und erhielt für dieses „Oral-History-Projekt“ Fördergelder.

Es gab und gibt sehr viele Fördermöglichkeiten, die aufzuzählen die Zeit nicht ausreicht. Die Herausforderung für mich liegt vor allem darin, wie ich diese vielen Unterstützungsmöglichkeiten in die Breite streuen kann. Wir nutzen Mailverteiler, Social-Media-Kanäle, Pressemitteilungen etc. Dennoch erhalte ich immer wieder die Rückmeldung, dass es an Informationen mangelt.

Persönliches Fazit

Als Fazit aus der Situation, die nun bereits über ein Jahr andauert, kann ich vor allem den Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen meinen höchsten Respekt aussprechen. Die Mehrzahl ist mit dieser großen Herausforderung unglaublich positiv, kreativ und tatkräftig umgegangen. Ich habe alles in meinen Kräften stehende unternommen, um den in Not geratenen Künstler*innen zu helfen, bis hin zur Beratung, wie man einen Hartz-IV-Antrag stellt. Die erhaltene Dankbarkeit war die vielen Überstunden wert und ich wünsche mir, dass es bald wieder mehr Anlass zur Hoffnung und Zuversicht gibt.

Aktuelle Kultur-Förderprogramme für den ländlichen Raum

1. Ausschreibung „LAND INTAKT – Soforthilfeprogramm Kulturzentren“, durchgeführt durch die Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e.V. Das Projekt wird von der BKM ab 2020 mit 1,5 Millionen Euro gefördert. Alle Informationen und Ansprechpartner unter https://www.landintakt.de.
2. Ausschreibung „Vor Ort für Alle. Soforthilfeprogramm für zeitgemäße Bibliotheken in ländlichen Räumen“ vom Deutschen Bibliotheksverband e.V.. Das Projekt wird von der BKM ab 2020 mit 1,5 Millionen Euro gefördert. Alle Informationen und Ansprechpartner unter https://www.bibliotheksverband.de/dbv/projekte/vor-ort-fuer-alle.html.
3. Ausschreibung „Soforthilfeprogramm Heimatmuseen“ des Deutschen Verbandes für Archäologie e.V.. Das Projekt wird von der BKM ab 2020 mit 1,5 Millionen Euro gefördert. Alle Informationen und Ansprechpartner unter www.dvarch.de/themen/soforthilfeprogramm/.
4. Ausschreibung „land.schafft – Förderung für kulturelle Freiwilligenprojekte im ländlichen Raum“ der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V.. Das Projekt wird von der BKM seit Ende 2019 mit 200.000 Euro gefördert, die Ausschreibung erfolgte jetzt. Alle Informationen und Ansprechpartner unter https://www.bkj.de/engagement/freiwilligendienste-kultur-und-bildung/projektfoerderung-landschafft/.
5. Kirchturmdenken: Die Maßnahme „Kirchturmdenken. Sakralbauten in ländlichen Räumen: Ankerpunkte lokaler Entwicklung und Knotenpunkte überregionaler Vernetzung“ wird im Rahmen des Programms „Kultur in ländlichen Räumen“ von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, gefördert. Die Mittel stammen aus dem Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“ (BULE) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Die Wider Sense TraFo ist Trägerin des Programms und für seine Umsetzung verantwortlich.
Ziel des Soforthilfeprogramms ist es, (ehemalige) Sakralbauten und Klosteranlagen als Orte für Kulturangebote auch in strukturarmen ländlichen Regionen zugänglich zu machen, regionale Zugehörigkeit und gesellschaftliche Integration zu stärken und die Lebensqualität vor Ort zu verbessern.

Kirche Rysum - Katrin Rodrian
(Symbolbild) Kirche Rysum – Katrin Rodrian

6. Förderprogramm „Digital.Vernetzt – Frauen im Ehrenamt stärken
Ziel: Förderung der ehrenamtlichen ländlichen Frauenarbeit. Konkret gefördert werden:
• Ausgaben für Aufträge an Dozentinnen und Dozenten oder Bildungseinrichtungen für die Durchführung von Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und
• Ausgaben für digitale Ausstattung, die auf Seiten des Zuwendungsempfängers zwingend für die Durchführung der Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen benötigt wird.
7. Das Projekt Soforthilfeprogramm Heimatmuseendes Deutschen Verbandes für Archäologie e.V. (DVA) richtete sich in Kooperation mit dem Deutschen Museumsbund e.V. (DMB) an regionale Museen, Freilichtmuseen, archäologische Parks und Träger von Bodendenkmalstätten in ländlichen Räumen mit bis zu 20.000 Einwohner. Diese Einrichtungen können Mittel beantragen, um Modernisierungsmaßnahmen und programmbegleitende Investitionen durchzuführen.

Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

(Titelfoto / Foto Kirche Rysum: Kartin Rodrian; Autorenfoto: Lisa Ulferts)
Der Beitrag ist Teil der Blogparade #KulturAlltagCorona2 von Kultur hoch N.

Katrin Rodrian
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