Dieser Beitrag ist die Zusammenfassung des Vortrages von Herrn Dr. Matthias Dreyer im Rahmen des 3. REGIALOG Alumni-Treffens, das vom 4. – 6. Dezember 2015 im Bremer Focke-Museum stattfand. Dr. Matthias Dreyer, Verwaltungsleiter der Stiftung Niedersachsen, vermittelte unter dem Schwerpunkt „Förderungsmöglichkeiten und Förderungspolitik“ die Chancen und Grenzen der Kulturförderung und welche Voraussetzungen nötig sind, um sich für Fördermittel zu bewerben.

Kulturstiftungen im Kontext des deutschen Stiftungswesens: ein Überblick

Was ist eine Stiftung?

  • Eine Stiftung ist mit einem Stiftungsvermögen – dem Stiftungskapital – ausgestattet
  • Eine Stiftung gehört sich selbst – sie hat keinen Eigentümer, Gesellschafter oder Mitglieder – sie ist eine verselbstständigte Vermögensmasse
  • Eine Stiftung wird auf Dauer errichtet
  • Stiftungen sind verpflichtet, den vom Stifter im Stiftungsgeschäft und in der Satzung festgelegten Stiftungszweck zu verfolgen = Gemeinnützigkeit
  • Die rechtlichen Rahmenbedingungen von Stiftungen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie den einzelnen Stiftungsgesetzen der Länder – es gibt kein einheitliches Bundesrecht
  • Mit Blick auf die Gemeinnützigkeit finden sich die relevanten Regelungen in der Steuergesetzgebung – im Wesentlichen in der Abgabenordnung und dem Einkommenssteuergesetz
  • Wichtigste Rechtsform ist die Stiftung des bürgerlichen Rechts

Der Stiftungsgedanke hat derzeit Konjunktur. Es ist mehr denn je interessanter geworden sich in Stiftungen zu „verewigen“. Derzeit sind dem Bundesverband Deutscher Stiftungen etwa 21.000 bekannt. Etwa 15 % davon sind Stiftungen, die sich in ihrer Satzung der Förderung von Kunst und Kultur verschrieben haben. Die Motive, warum sich immer mehr Menschen für Stiftungen engagieren sind vielfältig. Häufige Gründe sind, dass Menschen etwas für die Gesellschaft tun möchten und das Bedürfnis haben, „etwas zurückzugeben“. Das Stiftungsengagement hat zudem einen ergänzenden Charakter zur staatlichen Kulturfinanzierung.

Quelle: Rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts 2001–2014 in Deutschland, Bundesverband Deutscher Stiftungen, Bestand jeweils zum 31. Dezember Quelle: www.stiftungen.org / http://www.stiftungen.org/uploads/tx_templavoila/Bestand2014.jpg
Rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts 2001–2014 in Deutschland, Bundesverband Deutscher Stiftungen, Bestand jeweils zum 31. Dezember. Quelle: www.stiftungen.org / http://www.stiftungen.org/uploads/tx_templavoila/Bestand2014.jpg

Private Kulturförderung in Deutschland

Private Kulturförderung in Deutschland. Quelle: Votrag Dr. Matthias Dreyer
Private Kulturförderung in Deutschland. Quelle: Votrag Dr. Matthias Dreyer

Mögliche Formen des Engagements von Stiftungen für Museen

Die grundsätzlichen Tätigkeitsformen von Stiftungen:

  • Fördernd: Auf Antrag werden Projekte Dritter finanziell oder materiell unterstützt
  • Operativ: Eigene Vorhaben und Programme werden geplant und umgesetzt
  • Trägerschaft: Stiftungen können Träger einer Einrichtung sein
  • Mischformen: Mischformen aus den verschiedenen Formen sind möglich

Förderung

Wesentliche Betätigungsformen in der Stiftungsförderung sind:

  • Förderung laufender Kosten – institutionell auf Dauer oder befristet, z.B. Aufwendungen für hauptamtliche und projektbezogene Mitarbeiter (diese Form der Förderung gehört zu den selteneren)
  • Förderung (infra-)struktureller, investiver Maßnahmen, z.B. Neubau-, Erweiterungs- oder Modernisierungsmaßnahmen (häufigste Form der Förderung)
  • Förderung von Projekten, z.B. für die Erstellung vom Publikationen
  • Ausstellungsförderung
  • Vergabe von Preisen und Auszeichnungen
  • Förderung von Forschungs-, Bildungs- und Vermittlungsvorhaben

Am Anfang einer jeden Förderung steht die Projektidee. Das Formulieren eines überzeugenden Konzeptes für das Projekt ist das A und O jeden Antrages. Frei nach dem Motto Fisch sucht Fahrrad müssen Projektträger und Stiftung erst einmal zusammenfinden. Der Zweck und die inhaltlichen Schwerpunkte der Stiftung müssen mit dem Inhalt des Projektes sorgfältig abgeglichen werden. Ein häufig unterschätzter Faktor auf der Suche nach dem jeweils passenden Partner ist, dass Stiftungen nicht nur Finanziers, sondern auch Berater sind. Daher sollte vor der Antragstellung in der Regel immer eine Beratung durch die Stiftung erfolgen. Die Stiftung sollte als Partner verstanden werden. Um die Antragstellung reibungslos über die Bühne zu bringen, müssen von Seiten der Stiftung alle notwendigen Informationen bereitgestellt werden, damit der Antrag richtig formuliert werden kann. Letztendlich ist zu beachten, dass auch während des gesamten Projektes eine kontinuierliche Zusammenarbeit gewahrt werden muss. Die gesamte Kommunikation ist Bestandteil des Projektes und der Förderung. Die Stiftungen wollen als Förderer wahrnehmbar sein. Eine gute Nachbereitung des Projektes rundet diese Zusammenarbeit ab. Nach dem Projektende müssen in der Regel ein Sachbericht, ein Pressespiegel sowie ein Verwendungsnachweis vorgelegt werden.

Trägerschaft

Die „Ideale Trägerschaft“

Die „Ideale Trägerschaft“ bildet eine Stiftung mit einem Kapital, dessen Erträge ausreichen, um den Betrieb eines Museums zu wesentlichen Teilen auf Dauer zu finanzieren. Eine Beispielrechnung kann dies verdeutlichen:

Bei einem jährlichen Museumshaushalt von 400.000 Euro wäre ein Stiftungskapital von ca. 30 Millionen Euro erforderlich.

(Unter der Annahme einer durchschnittlichen Verzinsung von jährlich 2 % und nach Abzug von einem Drittel der Erträge zur Substanzerhaltung des Stiftungsvermögens.)

Die Bewertung einer kapitalisierten Stiftung gegenüber anderen Trägerschaftsformen:

  • Eine kapitalisierte Stiftung gewährleistet finanzielle Planungssicherheit. Bei Vereinen oder GmbHs müssen in der Regel jährlich zusätzlich externe Mittel in großem Umfang eingeworben werden, mit allen damit verbundenen Unsicherheiten.
  • Stiftungen sind auf Dauer ausgerichtet. Die gewährleistet grundsätzlich die Kontinuität eines Museums und seiner Aktivitäten.

Die Stiftung Niedersachsen im Portrait

Die Stiftung Niedersachsen wurde am 1. Januar 1987 als gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts errichtet. Ausgestattet mit einem Vermögen von gut 60 Millionen Euro (Stand 2015), einschließlich von Kunstwerken im Umfang von etwa 7 Millionen Euro. Die Finanzierung der Stiftungstätigkeit erfolgt aus Vermögenserträgen sowie durch eine jährliche Finanzhilfe des Landes Niedersachsen in Form der Glücksspielabgabe. Der Zweck der Stiftung Niedersachsen ist die Förderung von Kultur, Kunst, Bildung und Wissenschaft. Als Stiftung des Landes hat sie sich dem Gemeinwohl als verlässlicher Partner und gewissenhafter Bewahrer des Stiftungsvermögens verpflichtet. Sie gestaltet im Dialog Perspektiven kulturellen Handelns im Hinblick auf eine kontinuierliche Entwicklung und Wirksamkeit im gesamten Land. Die jährliche Ausschüttung für den Stiftungsweck beträgt durchschnittlich 4,0 – 4,5 Millionen Euro. Mit einem Förderungsvolumen in Höhe von insgesamt ca. 94 Millionen Euro konnten bis Ende 2015 ca. 2.200 Projekte gefördert und unterstützt werden.

Was wird gefördert

„Die Stiftung Niedersachsen verwirklicht ihren Zweck operativ mit Programmen und fördernd mit der Unterstützung von Projekten. Mit ihren Programmen setzt sie eigene inhaltliche Akzente – in Musik, Literatur, Theater und Kunst. Die Förderung spiegelt die gesamte Vielfalt des kulturellen Schaffens in allen Teilen Niedersachsens wider. Große strukturelle Maßnahmen, eine umfangreiche Festivalförderung oder die Vielzahl kleinerer kultureller Vorhaben z. B. der Freien Theater stehen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander. Die Stiftung fördert jährlich ca. 200 Projekte im Umfang von gut 4,5 Mio. €. Die Stiftung unterscheidet dabei sechs Förderbereiche, in denen Anträge gestellt werden können. Zur Stärkung und Profilbildung der niedersächsischen Kultureinrichtungen erwirbt die Stiftung zudem Sammlungen und Kunstgegenstände.“

Quelle: Stiftung Niedersachsen. Was wir fördern.

Betreuung von Unterstiftungen

Die Stiftung Niedersachsen ist Treuhänderin von Unterstiftungen. Diese Unterstiftungen werden von der Stiftung Niedersachsen auch als Geschäftsbesorger betreut. Dazu zählt das Management, Vermögensverwaltung und auch Gremienarbeit. So wird durch die Stiftung mit diesem Angebot privates Engagement befördert.

„Die Stiftung Niedersachsen betreut Stiftungen treuhänderisch oder als Geschäftsbesorger. Sie folgt damit auch ihrer Satzung, die die »Verwaltung und Nutzung der mit einer besonderen Zweckbestimmung versehenen Zuwendungen an die Stiftung« vorsieht. Auf diese Weise bietet die Stiftung ihre Erfahrung und Dienstleistung an, um gemeinwohlorientiertes Engagement ins Leben zu rufen, zu fördern und zu professionalisieren. Drei Stiftungen befinden sich derzeit in der Obhut der Stiftung Niedersachsen. Darüber hinaus ist die Stiftung auch „Treuhänderin“ wertvoller Streichinstrumente.“

Quelle: Stiftung Niedersachsen. Stiftungsbetreuung.

Museumsförderung der Stiftung Niedersachsen in Beispielen

Die Stiftung gibt grundsätzlich keine institutionelle Förderung zur Deckung laufender Kosten (Ausnahme: Musikland Niedersachsen gGmbH). Den größten Teil der Mittel investiert die Stiftung in die Förderung von (infra-)strukturellen und investiven Maßnahmen. Im Jahr 2015 sind hier der Erweiterungsbau des Sprengel Museum Hannover, der Neubau des Dommuseum Hildesheim, der Erwerb eines Drachenaquamaniles für das Dommuseum Hildesheim/ Klosterkammer Hannover oder auch die Umgestaltung der Dauerausstellung des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover zu nennen. Die wichtigsten geförderten Projekte waren unter anderem die Digitalisierung kulturhistorischer Sammlungen in den Regionalmuseen des Museumsdorf Cloppenburg oder auch das neue Besucherleitsystem der Stiftung Freilichtmuseum am Kiekeberg. Bei der Förderung von konkreten Ausstellungsprojekten ist z.B. „Michael Smith“ des Kunstvereins Hannover, „Bergleuts Kinder“ des Weltkulturerbe Erzbergwerk Rammelsberg Goslar oder auch „Heinz Erhardt“ des Theatermuseum Hannover zu nennen. Des Weiteren wird die Vergabe von Preisen und Auszeichnungen gefördert, wie SPECTRUM – Internationaler Preis für Fotografie. Ein abschließender Bereich umfasst die Förderung von Forschungs-, Bildungs- und Vermittlungsvorhaben, wie z.B. die archäologische Untersuchung „Germanicus“ Museum und Park Kalkriese gGmbH.

Weitere Informationen rund um die Stiftung Niedersachsen, Förderungsbereiche und Förderungsanträge finden Sie hier.

Stefanie Karg
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