Gestern eröffnete im Bremer Focke-Museum die neue Sonderausstellung „Fußball. Halleluja!“ Bereits am Donnerstag hatten Blogger aus der Region und Vertreter aus dem Bremer Fußball die Gelegenheit, sich die neue Ausstellung anzusehen.

Entstanden ist die Ausstellung in Kooperation mit dem Historischen Museum Basel und dem Amsterdam Museum, kuratiert wurde die Ausstellung für ihren Zwischenstopp in Deutschland vom wissenschaftlichen Volontär Jan Christoph Greim. Greim, selbst begeisterter Fußballfan, schuf für Bremen vier Stationen, die speziell auf den Bremer bzw. auf den Deutschen Fußball zugeschnitten waren. „Diese Anpassung an den jeweiligen Ausstellungsort war von Anfang an im Konzept der Ausstellung angelegt“, erklärt Greim. Zu den „deutschen“ Bereichen zählen u.a. das Nordderby und die „Four Holy Stars“, die vier gewonnenen Weltmeisterschaften 1954, 1974, 1990 und 2014.

Die Ausstellung

Fußball und Voodoo
Fußball und Voodoo

„Fußball. Halleluja!“ zeigt, was Fußball für die Fans bedeutet: Hingabe, die an Religion erinnert. Sei es der Fußballpokal, der neben dem kirchlichen Abendmahlkelch hängt, das BVB-Kreuz, welches wirklich in einer Kirche hängt oder der Reliquienschrein eines Fans mit der Träne Maradonnas. Für Nicht-Fußballfans – wie ich der Autor einer ist – ist die Ausstellung eine wahre Fundgrube des Kopfschüttelns und Schmunzelns. Aber nicht nur christliche Fußballfans üben sich in quasi-religiösem Eifer, auch die Anhänger anderer Religionen mischen Tradition und „Fandom“. Die Voodoo-Flasche aus Afrika ist eins der merkwürdigeren Exponate der Ausstellung.

Sortiert sind die Bereiche der Ausstellung nach einzelnen Headlines wie „Places of Worship“, „Rituals“ oder „Rivalries“. Aber nicht nur hier gibt sich die Ausstellung international. Alle Texte (mit Ausnahme der „Headlines“) sind dreisprachig vorhanden: deutsch, englisch, französisch.

Die Gestaltung und der Aufbau

Der Ausstellungsaufbau
Der Ausstellungsaufbau

Die einzelnen Bereiche werden durch großformatige Fotowände abgegrenzt, die für sich schon einen Besuch wert sind. Die Fotoauswahl und vor allem die Bearbeitung sind äußerst gelungen. Jedes Foto strahlt unglaubliche Emotionen aus, was durch die Bearbeitung und die Farbgebung der einzelnen Bereiche noch verstärkt wird.

Jan Christoph Greim führte durch die Ausstellung.
Jan Christoph Greim führte durch die Ausstellung.

Jede Fotowand umgibt halbkreisförmig einen Bereich, in dem die eigentlichen Exponate untergebracht sind. Neben ein bis zwei Vitrinen gibt es in jedem Bereich noch einen Leuchtkasten mit Fotos zum jeweiligen Thema. Diese Leuchtkästen sind, durch die Bildbeschriftungen in drei Sprachen, etwas textlastig, aber trotzdem ein genaues Studium wert. Ergänzt werden die Exponate und Leuchtkästen teilweise durch Videoaufnahmen in Dauerschleife, für die man sich mit einem „Hörknochen“ den passenden Ton holen kann.

Der Ton macht die Musik

Am Eingang der Sonderausstellung stehen kleine „Audioguides“ zur Verfügung. Nach einer Registrierung mit Namen und E-Mailadresse (letztere wird z.B. für eine Fotostation benötigt) kann man sich mit den Guides an verschiedenen Punkten in der Ausstellung den nötigen Ton dazu holen. Aber damit nicht genug: Die Guides dienen auch als Fernbedienung für Quiz-Stationen und besagte Fotostation, zudem kann man sich am Ende seine „erspielte“ Punktzahl usw. zuschicken lassen. Die Bilder der Fotostation werden auch auf Flickr geteilt. 12 October 2015Ob die Registrierung mit Namen und Mail und die Teilung auf Flickr optional sind oder ob man den Guide auch ohne die Registrierung nutzen kann, sind interessante Fragen, die der Autor leider vergessen hat zu stellen. ;) Die Idee des „Paninibildes“ ist auf jeden Fall gelungen, nimmt sie doch einen weiteren Aspekt des Fußballs auf.

Kick it like…

Station bei "Focke kickt": Fußball-Kegeln.
Station bei „Focke kickt“: Fußball-Kegeln.

Ein Novum in Bremen ist die Abteilung „Focke kickt.“ „An den vorherigen Standorten gab es keine Möglichkeit, tatsächlich mal ein bisschen Fußball zu spielen“, erklärt Anne-Katrin Axt, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Focke-Museum. Aus diesem Grund hat sich das Bremer Museum für den Aufbau eines Fußball Parcours entschieden. Als offizieller Partner konnte der DFB gewonnen werden. Auf dem Parcour, der sich speziell an Kinder richtet, kann das persönliche Ballgefühl an acht Stationen getestet werden.

Hinter den Kulissen – Blogger Relations

Ein Kollege von der Nordwest-Zeitung ((Der Autor arbeitet freiberuflich für eben diese Zeitung)) zeigte sich im Vorfeld der Ausstellung etwas überrascht, dass Blogger mitlerweile im Status soweit nach oben gerutscht sind, dass man ihnen – wie zuvor nur „richtigen“ Journalisten – eine spezielle Behandlung zukommen lässt. „Gerade bei speziellen Themen werden Blogger Relations immer wichtiger“, ist Anne-Katrin Axt sicher. Gerade wenn sich ein Museum wie das Focke-Museum auf untypische, nicht oder nur bedingt zum Sammlungskonzept passende Ausstellungen einlässt, sind spezifische Multiplikatoren wichtig. Hier zeigte sich bereits im Vorfeld der Ausstellung, wie wichtig private Interessen und Netzwerke sein können. „Viele Fußball-Blogger kannte Jan Christoph Greim aufgrund seiner eigenen Fußball-Begeisterung schon“, so Axt. Als Multiplikatoren in der Fangemeinde seien Blogger gerade im Fußball nicht zu unterschätzen. Eine gezielte Auswertung der Resonanz in den Sozialen Netzwerken, die im Rahmen der Ausstellung zum ersten Mal gezielt durchgeführt wird, soll und wird zeigen, ob diese Einschätzung zutrifft. Ein erster Blick auf Twitter zeigt, dass der Hashtag #fussballhalleluja tatsächlich schon bedient wird.

Zu einem festen Standbein in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit haben sich die „Blogger Relations“ allerdings noch nicht entwickelt. „Es ist eine Frage der Kapazitäten“, erklärt Axt im Gespräch mit Kultur-Hoch-N. Die Abstimmung des klassischen Presseverteilers auf spezifische Themen gehöre zwar zur täglichen Arbeit, bindet aber schon viele Energien. Trotzdem werden, wenn Thema und Zeit es zulassen, auch Nutzer der Sozialen Netzwerke gezielt angesprochen. Das letzte Mal war dies beim Tweet-Up zu „Graben für Germanien“ der Fall, einer Veranstaltung, die auch von der damaligen Regialogin Stefanie Karg betreut wurde.

Fazit

Für Fußball-Fans ist die Ausstellung definitiv einen Besuch wert. Von der Hose Messies über die Schuhe Frings und WM-Trikots mit Blut- und Rasenflecken gibt es rein aus „historischer“ Sicht eine Menge zu entdecken. Aber auch wer mit Fußball nicht ganz so viel am Hut hat, sei ein Besuch der Ausstellung ans Herz gelegt. Die Texte und Exponate sowie die Liebe zum Detail eröffnen auch für „Uneingeweihte“ eine interessante Perspektive auf Fans und Fußballkult, zudem lockt das umfangreiche Rahmenprogramm mit einigen Highlights (PDF zum Download).

Claus Hock
Going Social

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