So begegnen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg der Corona-Pandemie
Mit 62 Schlössern, Klöstern, Burgen und Gärten sind die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg Marktführer der historischen Besuchermonumente im Südwesten. Jedes Jahr besuchen rund 3,9 Millionen Menschen die Monumente – zu normalen Zeiten. Seit 2015 steht jedes Jahr unter einem Motto: Mit den „Themenjahren“ fassen die Staatlichen Schlösser und Gärten das Programm einer ganzen Saison zusammen und bieten Feste und Märkte, Ausstellungen, Konzerte, Führungen und Vorträge. Für 2020 lautet das Motto „Unendlich schön. Monumente für die Ewigkeit“. Als weiteres Highlight stand die Wiedereröffnung von Schloss Favorite in Ludwigsburg an: Nach drei Jahren Restaurierungsarbeiten war das Wochenende 14. und 15. März als Saisonauftakt geplant, mit einem Bonbon: Die Räume der Beletage sollten im originalen Zustand um 1800 gezeigt werden, unmöbliert und pur. Nur wenige Tage später wurde das besondere Raumerlebnis jäh beendet. Denn wie bei allen Einrichtungen des gesamten Kultur- und Freizeitbereichs brachte die Corona-Pandemie den Lockdown – für das frisch restaurierte barocke Lust- und Jagschloss ebenso wie für die gesamten Monumente zwischen Bodensee im Süden und Kurpfalz im Norden.
Was entsteht Neues durch Corona? Was ändert sich?
Der Beitrag der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zur Blogparade #KulturAlltagCorona – Neuer Alltag mit Corona in Kultur und Museum gibt Antworten auf die Fragen: Wie setzen die Monumente die Hygienevorschriften um? Gibt es kreative Lösungen, damit umzugehen? Welche Änderungen gab und gibt es bei Führungen und Besuchsmöglichkeiten, Ausstellungen oder beim museumspädagogischen Programm? Haben sich digitale Angebote in der Krise entwickelt? Was davon bleibt? Wir richten den Fokus auf das, was einzelne Monumente der insgesamt 62 Schlösser, Klöster, Burgen und Gärten unternehmen, um ihren Fans und Gästen einen Besuch zu ermöglichen – und fassen zusammen, was sich in der Zeit des Shutdowns geändert hat: hier insbesondere die digitale und mediale Kommunikation. Die vergangenen zwei Monate standen unter dem Zeichen der schrittweisen Rückkehr zu einer neuen Normalität und des Erprobens neuer Angebote.
Alles auf Null – und Neustart
Das reichhaltige Programm, insbesondere zum Themenjahr „Unendlich schön“, wurde mit dem Shutdown weitgehend eingestellt. Zugänglich und aktiv blieb die Themenrubrik der Webseite, die mit ihrem breiten Spektrum an interessanten, witzigen und hintergründigen Beiträgen zu Ewigkeit und Vergänglichkeit online weiterhin verfügbar. Seit 12. Mai öffnen die 62 Monumente schrittweise wieder für Besucherinnen und Besucher – unter Einhaltung der Corona-Vorgaben zu Hygiene- wie Abstandsregelungen. Bis heute (Stand: 22.07.2020) haben die meisten Monumente wieder geöffnet. Großveranstaltungen und Aktionstage sind wie überall in Baden-Württemberg auch in den Kulturdenkmälern in diesem Jahr nicht möglich. Stattdessen setzen die Staatlichen Schlösser und Gärten aufs Detail und verwandeln etwa den beliebten und viel besuchten keltischen Handwerkertag auf der Heuneburg, einst eine mächtige keltische Stadt, in ein Angebot, das auch mal ein normales Wochenende begleitet.
#heldenhaft2020-Aktion
Statt eines großen Sommerfestes für viele tausend Menschen starten die Staatlichen Schlösser und Gärten im Juli eine „Heldenaktion für alle“. Als Vorbild dienen vier historische Heldinnen und Helden aus der Geschichte des Landes. Aufgerufen sind alle, die jemandem aus dem persönlichen Umfeld „Danke“ sagen wollen: Wer hat sich in der Corona-Zeit heldenhaft gezeigt und Gutes getan oder eine neue Idee entwickelt? Alle, die danke sagen möchten, senden eine Mail mit der eigenen Adresse an heldenhaft2020@ssg.bwl.de oder per Post an die Staatlichen Schlösser und Gärten. Sie erhalten dann eine von 2020 Schlosscards als Geschenk und Dankeschön. Das Ticketheft für insgesamt 26 Ziele in Baden-Württemberg kann dann persönlich an die Heldin oder den Helden 2020 übergeben werden.
Medienarbeit mit historischen Themen
Die Zielrichtung nach dem Shutdown war schnell klar: Das Ereignis-Vakuum der Corona-Zeit nutzen die Schlösser und Gärten für spannende Berichte in den sozialen Medien, auf der Webseite und in den Medien. Damit sollte die Zeit bis zur Wiedereröffnung der Monumente verkürzt werden. Ohne zu wissen, wie lange das dauern wird. Anstelle der Veranstaltungen und Ereignisse zu Saisonbeginn rückten inhaltliche Themen in den Fokus der Medienarbeit: Termine, Ereignisse und Personen. Woche für Woche gab es neue informative und kurzweilige Aspekte und Geschichten zu den Monumenten, aber auch Berichte zu fortlaufenden Tätigkeiten wie etwa Restaurierungen. Die Medien nahmen die historischen Themen rund um die Schlösser, Klöster, Burgen und Gärten als willkommene Alternative zu dem alles überlagernden Thema Corona dankbar an.
#aufzeitreisegehen: Virtuelle Rundgänge
Bereits geplante digitale Projekte wie virtuelle Rundgänge wurden in kurzer Zeit realisiert: Zu Ostern startete der erste von zehn Rundgängen mit Geschäftsführer Michael Hörrmann. In kurzen, rund drei Minuten langen Videos führt der Historiker zu den wichtigsten Punkten in zehn Monumenten. Die Kurzvideos wurden auf dem Instagram- und Facebook-Account veröffentlicht. Der Hashtag #aufzeitreisegehen begleitete die Videobeiträge in den sozialen Netzwerken. Die vorgestellten Monumente sind der Schlossgarten Schwetzingen, das Residenzschloss Ludwigsburg, das UNESCO-Denkmal Kloster Maulbronn, die Grabkapelle auf dem Württemberg bei Stuttgart, das Schloss Heidelberg, die Schlösser Bruchsal und Weikersheim, Kloster und Schloss Salem, das Residenzschloss Mergentheim und das Neue Schloss Meersburg.
#spannendeeinblicke mit Expertinnen und Experten
Zudem stellten die Staatlichen Schlösser und Gärten zehnminütige Videos auf ihrer Webseite zur Verfügung: Geschäftsführer Michael Hörrmann interviewt Konservatorinnen und Konservatoren, Ortsverwalterinnen und Ortsverwaltern. Die Filme eröffnen immer wieder einen spannenden Blick hinter die Kulissen und die Hintergrundgeschichten sind spannend und gut zu hören. Die Videos in der Kurz- und Langfassung sind dauerhaft auf der Webpräsenz und dem Youtube-Kanal verfügbar.
Freie Rundgänge – mit Fotoerlaubnis und Hörstationen
Seit 12. Mai öffnen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg schrittweise die 62 Monumente für Gäste. Einige Bereiche mussten geschlossen bleiben, vor allem, wenn die Zugänge, Räume und Wegesitutationen die Einhaltung der Distanzregeln unmöglich machen. Die Monumente in Stuttgart und Ludwigsburg – die Grabkapelle auf dem Württemberg, Schloss Solitude und das Residenzschloss Ludwigsburg – waren unter den ersten, die für Gäste öffneten – und einen freien Rundgang anboten: Ein Zeitfenster erlaubt es Besucherinnen und Besuchern im eigenen Tempo durch die Prunkräume zu gehen. Ein Bonbon für viele Gäste: Ausnahmsweise ist Fotografieren erlaubt. Im regulären Führungsbetrieb ist das aus Zeitgründen nicht möglich. Kurzinformationen bieten Hörstationen in verschiedenen Räumen. Auch in Kloster und Schloss Salem ließ sich ein modifizierter Rundgang einrichten.
Aktion im Juli: „Prominent im Monument“
Die Schlossverwaltung Ludwigsburg, die das Residenzschloss Ludwigsburg, Schloss Solitude und die Grabkapelle auf dem Württemberg verwaltet, initiierte als Anreiz für Gäste aus der Region die einmonatige Aktion „Prominent im Monument“ im Juli: Bekannte Künstler aus der Region sprachen die Texte für die Hörstationen in den drei Monumenten neu ein. Die prominenten Sprecher sind: der frühere VfB-Torwart Timo Hildebrand, Comedian Dodokay, PUR-Frontmann Hartmut Engler, Schauspieler Walter Sittler und Volker Kugel, Geschäftsführer des Blühenden Barock.
Neu: Corona-konforme Führungsangebote
Passend zu den Regeln der Corona-Verordnungen entwickelten die Staatlichen Schlösser und Gärten für das Residenzschloss Ludwigsburg zwei neue Rundgangkonzepte: die Standardführung „Auf neuen Wegen“ an Wochenenden, und eine Familienführung für die baden-württembergischen Sommerferien. Der Ablauf der Führungen musste ganz neu konzipiert werden. Jeder Weg und jede Station wurden auf die Anforderungen an Hygiene und Abstand geprüft. Um auf die zwei Meter Abstand besser achten zu können, erhalten die maximal 15 Besucherinnen und Besucher farbige Bändchen. „Gruppen“, Familien und Personen aus einem Haushalt, tragen Bänder in der gleichen Farbe. So sieht die Person, die die Führung macht, auf einen Blick, wer zusammengehört. Das Farbkonzept kam bei den ersten Führungen sehr gut an; auch die fast private Atmosphäre in den kleinen Gruppen schätzten Gäste: Es blieb Zeit für Fragen zwischendurch.
Ein erstes Fazit: Lernen aus Corona?
Die kleine Auswahl aus den vielfältigen Aktivitäten in den 62 Monumenten der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zeigt: Es geht! Die Regeln der Epidemie zwingen dazu, Gewohntes neu zu denken, damit es weitergehen kann. Die Besucherinnen und Besucher danken es und nehmen die neuen Angebote wahr. Und es zeigt sich, dass sich Sorgfalt auszahlt. Die Gäste erkennen, wenn ein Angebot unter Corona-Bedingungen durchdacht vorbereitet wurde, fühlen sich sicher und kommen gern. Digitale Angebote ersetzen den Besuch nicht – aber sie bieten eine Chance, wie die kulturtouristischen Einrichtungen mit den Menschen in Kontakt bleiben können. Und die Pressearbeit mit den klassischen Printmedien hat gezeigt, welches Potenzial an Geschichten zur Verfügung steht – und auch, wie stark das regionale Interesse an der jeweils ganz eigenen Geschichte ist.
Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sagen „Danke“ den Initiatoren der Blogparade, Kultur hoch N und Zeilenabstand.net, für die Möglichkeit, über die Auswirkungen von Corona auf den Alltag zu berichten.
Text: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
- Mit Kulturgeschichte(n) die Corona-Zeit verkürzen - 22. Juli 2020
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